Gedanken zum Tag – 06. Juni 2020, Samstag der 9. Woche des Jahreskreises

6. Jun 2020

Jeder von uns erlebt die Corona-Krise anders. Mit anderen Auswir­kungen auf den beruf­li­chen, ehren­amt­li­chen oder privaten Alltag.

Seit Corona gehört das Lesen der „Gedanken zum Tag“ zu meinen kleinen alltäg­li­chen Ritualen. Im Unter­schied zur Tages­zei­tung, die ich oftmals nur hastig über­fliege, nehme ich jeden Impuls bewusst auf und lasse mich auf seine(n) jeweilige(n) Auto­ren/-in ein. Ich erlebe dies Tag für Tag als anre­gend und berei­chernd. Berei­chernd durch die Viel­falt der Impuls­in­halte. Berei­chernd durch die Band­breite der Autoren. Berei­chernd durch die erlaubten Einblicke in persön­liche Gedanken und Sorgen.

Mich haben die hier geschil­derten Beispiele von selbst­loser Hilfe und Soli­da­rität ebenso ange­rührt wie geäu­ßerte exis­ten­zi­elle Sorgen, zwischen­mensch­liche Einschrän­kungen und Probleme in den unter­schied­lichsten Lebens­be­rei­chen sowie erlit­tene persön­liche Verluste. Meine eigenen Krisen­er­fah­rungen decken ein ebenso breites Spek­trum ab und wären sicher geeignet, gleich mehrere „Gedanken zum Tag“ damit zu gestalten. Es gibt viele posi­tive, wert­volle Erfah­rungen, aber auch mindes­tens ebenso viele, auf die ich gerne verzichtet hätte. Die wohl­tu­ende Soli­da­rität eines Vermie­ters, der einer vorüber­ge­henden Miet­sen­kung zustimmte, mehrere an Corona erkrankte Mitar­beiter, die für jeweils 14 Tage in Quaran­täne mussten, die eigene 87jährige asth­ma­kranke Mutter, die wir selbst an Ostern und an Muttertag nicht besu­chen durften.

Über­ra­schender Weise empfand ich die vorrü­ber­ge­hende Strei­chung nahezu sämt­li­cher Termine während des Lock­downs als ein Geschenk. An die Stelle des gewohnten „Hams­ter­rades“ trat zurück­ge­won­nene zeit­liche Souve­rä­nität und ein Bewusst­werden der wirk­lich wich­tigen Dinge im Leben. Nun, da Politik und Wirt­schaft erste Locke­rungen auf den Weg gebracht haben, um möglichst bald zur Norma­lität zurück­zu­kehren, bemühe ich mich, eben nicht wieder in das Hams­terrad zurück zu kehren, sondern mit den gewon­nenen Frei­räumen bewusster umzugehen.

Das wünsche ich mir auch im Hinblick auf meinen Glauben: Mehr Zeit für den persön­li­chen Austausch so wie es bereits der/die eine oder andere Autor(in) an dieser Stelle geäu­ßert hat. Die Beiträge in den „Gedanken zum Tag“ stellen hier eine Möglich­keit von vielen dar. Warum finden wir nicht auch häufiger persön­lich zusammen und spre­chen über Zweifel und Gewiss­heiten an unserem Glauben ebenso wie über Erfah­rungen und Erlebtes? Dies könnte beispiel­weise im Hinblick auf bestimmte Lebens­si­tua­tionen der Fall sein oder aber auch in Bezug auf aktu­elle Phäno­mene und Gescheh­nisse wie diese Krise. Nutzen wir diese, um gemeinsam neue Wege zu finden, unseren Glauben zu leben und weiter zu entwickeln!

Noch wich­tiger als der gemein­same Austausch erscheint mir das gemein­same Handeln. In unserer Pasto­ral­ver­ein­ba­rung haben wir mitein­ander verab­redet, stärker auf die Menschen an den Rändern unserer Gesell­schaft zu schauen. Diese über­sehen wir oftmals oder sehen sie erst auf den zweiten Blick. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass Menschen ihre Not aus verschie­denen Gründen kaschieren, weil sie ihnen pein­lich oder unan­ge­nehm ist. Helfen wir einander, unser Bewusst­sein für Menschen in Not zu schärfen. Not gibt es auch in unserer Umge­bung in viel­fäl­tigen Formen – häufiger als wir denken.

Herz­liche Grüße
Dr. Stefan Reißner

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