Der Rosenkranz als Gesundheitsressource
Dies ist die Überschrift eines Artikels aus der Zeitschrift Natur und Medizin, Ausgabe 5/2021. Es geht um eine wissenschaftliche Studie der Charité Universitätsmedizin Berlin, die finanziert von der Carstens-Stiftung untersucht hat, ob das meditative Rosenkranz-Gebet Potential zur Gesundheitsförderung hat.
Der Rosenkranz erinnert mich an meinen Vater, von dem ich die Zyklen und Gesätze schon als ganz junger Mensch erlernte, zunächst durch Zuhören, dann durch Mitbeten. Einige Jahre später, mittlerweile in der KJG und im Liturgiekreis aktiv, trat ich zuhause beim gemeinsamen Tischgebet vehement für frei formulierte Gebete ein. Das war doch viel authentischer als diese auswendig gelernten, eher heruntergeleierten Texte.
Mein Vater akzeptierte das, gab aber zu bedenken: Es könne Situationen im Leben geben, etwa ein Krankenlager, spätestens auf dem Sterbebett, da könne man keinen klaren Gedanken fassen, geschweige denn freie Sätze sinnvoll formulieren. Ein Gebet aus Kindertagen, im Leben oft wiederholt und somit fest im Gehirn verankert, käme einem dann vielleicht noch über die Lippen und könne wertvollen Halt und Trost spenden.
Das kam mir beim Lesen der Studienergebnisse der Charité wieder in den Sinn. Die Studienprobanden gaben an, den Rosenkranz regelmäßig zu praktizieren, zumeist in der Gruppe, manche auch in Alltagssituationen, z.B. beim Warten auf den Bus. Die am häufigsten genannten Gefühle, die das Beten bei ihnen auslöse, umschrieben sie mit „Entspannung“, „innerer Frieden“ und „Seelenruhe“. Die Wissenschaftler fassen ihre Ergebnisse zusammen: „Zum einen verliert die eigene Person der oder des Betenden im Rosenkranz an Bedeutung; man kann seine Sorgen loslassen und in die Hände Gottes legen. Diese passive Haltung bringt eine Entlastung mit sich.
Zum anderen bringt das aktive Praktizieren des Gebetes, gerade unterstützt durch die fühlbare Kette, Stabilität und Orientierung mit sich; die Betenden erfahren Autonomie und Selbstwirksamkeit. Übertragen auf eine mögliche Bewältigungsstrategie für Krankheiten bedeutet dies eine Ressource, die Balance schafft. Indem man akzeptiert, dass man selbst nicht allein die Kontrolle über Krankheit und Tod innehat, kann man aktiv etwas für seine Gesundheit tun, mit einem gewissen Grad an Erleichterung und ohne Druck.“ Damit könne dem Rosenkranz-Gebet, ähnlich wie Meditationsformen aus dem Hinduismus und Buddhismus, eine gesundheitsfördernde und ‑erhaltende Wirkung zuerkannt werden, so das Ergebnis der Studie. Das gelte jedenfalls vor allem für Menschen katholisch-christlichen Glaubens.
Die Studienergebnisse ermuntern mich dazu, den Rosenkranz auch außerhalb des Rosenkranzmonates Oktober wieder stärker in mein Leben zu nehmen. Ich möchte es jedenfalls versuchen, vielleicht verspüre ich dabei auch eine Nähe zu meinem verstorbenen Vater. Dabei fällt mir auf, dass hier das Mode-Wort „hybrid“ gut passt. Hybrid-Beten: mal in direkter Ansprache Gott frei sagen, was mir gerade unter den Nägeln brennt, ein anderes Mal meditativ mit eingeübten Gebeten wie dem Rosenkranz Ruhe und Nähe zu Gott suchen, ganz im Vertrauen darauf, dass Gott sowieso schon längst weiß, was mich bedrückt und wo ich seine Hilfe nötig habe.
Jutta Ohm
(Gemeindemitglied, aktiv im Arbeitskreis Maria 2.0 im Kreis Olpe)