… ich setz, ich setz, ich setz — setz — setz mein Herz bei ebay rein, dann bin ich nicht mehr so allein …
(Helge Schneider)
Das ist eines der neueren Lieder von Helge Schneider, der sogenannten „singenden Herrentorte“ aus dem Ruhrgebiet. „Ein Jazzmusiker, der vorgibt, kein musikalisches Talent zu besitzen, der aber, sowohl in der Musik als auch in der Vorgabe kein Talent zu besitzen, virtuos ist“ (nach Max Gold).
Der Liedtext lässt inhaltlich viele Interpretationen zu, verbunden mit leichter und unbeschwert jazziger Musik. Ich mag diese Art von Widersprüchen; handelt es sich doch meist um austarierte, mitunter antagonistische Gleichgewichte, die im Allgemeinen funktionieren. Das Leben, im Kleinen wie z.B. die Kommunikation zwischen einzelnen Zellen eines Gewebes, wie auch im Großen z.B. in unseren Ehen, Freundschaften und innerhalb der Gesellschaft selbst, ist voll davon.
In dem angesprochenen Lied geht es, nach meiner Interpretation, um Menschen, die ihr Leben oder zumindest einige wichtige Teile davon, im Internet verbringen. Also ihr Leben teilweise digital leben – meiner Meinung nach auch so ein Widerspruch. Ich kann verstehen, dass jemand, der „sein Herz bei ebay reinstellt“, sich nicht mehr „so allein“ fühlt. Egal ob irgendjemand anderes das bei ebay eingestellte Herz möchte oder nicht. In Helge Schneiders Lied geht es wie folgt weiter:
„Ich sitze auf dem Küchenstuhl und warte,
… das Telefon schellt …
… nicht!
Warte, ich warte, ich warte, … das Telefon schellt, …
… ich gehe nicht dran , … ich mach mich interessant!“
Auch wieder voller Widersprüche. Erst wird auf eine Antwort gewartet und man ist enttäuscht, wenn keine Reaktion erfolgt. Und dann möchte man sich „interessant“ machen und reagiert nicht, wenn die erwartete Antwort vorhanden zu sein scheint (Helge geht ja nicht an das Telefon). Im offiziellen, frei zugänglichen Video des Liedes versteckt Helge ein ausgeschnittenes Papierherz in Gegenständen wie z.B. einem Kicker oder auch in einem Holzofen. Für mich steht das alles für eine Sehnsucht nach Anerkennung, Partnerschaft, Gemeinschaft, die der Angst weicht, sich auf solch eine weitreichende Verbindlichkeit und die damit einhergehende Verantwortung einzulassen.
Jemand gab mir erst vor kurzem die Verantwortung dafür, dass er das von ihm geforderte Ziel nicht erreicht habe. An dem Prozess, der zu dem Ziel führen sollte, war ich beteiligt. Bin ich aber nun dafür verantwortlich, dass er sein Ziel erreichen kann? Oder habe ich mir diese Aufgabe, ohne dass ich das wollte, von ihm zuweisen lassen?
Ja und nein. Wir sind häufig in solche Widersprüche verwickelt. Als Menschen und Christen sind wir Teil der Gesellschaft und tragen Verantwortung. Die Verantwortung anderen zu übertragen, gewollt oder nicht, ist immer einfach. Verantwortung zu übernehmen, schon gar für andere, ist schwer. Es ist ja schon schwer genug, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen und mit den eigenen inneren Widersprüchen des Lebens zurechtzukommen. Wie kann ich dann denn noch die Verantwortung für andere oder für gemeinschaftliche Aufgaben übernehmen? Aber genau das gehört zum Leben dazu. Die Widersprüche aushalten und annehmen, die Versagensangst überwinden und Verantwortung übernehmen: das macht uns als Christen aus.
Wenn mir Zweifel kommen, ob ich den vor mir liegenden Aufgaben gewachsen bin oder ob ich für mich oder dritte neue Aufgaben übernehmen soll, hilft mir ein Versprechen. Dieses Versprechen hat uns Gott gegeben. „Fürchte dich also nicht und habe keine Angst; denn der Herr, dein Gott, ist mit dir bei allem, was du unternimmst“ (Josua 1,9). Dieses Versprechen haben meine Frau Rebecca und ich uns gegenseitig geben. Bei uns heißt das vereinfacht: Ich bin bei dir in allem, was du tun wirst.
Dirk Köster