Gedanken zum Tag – 24. Juni 2020, Hoch­fest Geburt des hl. Johannes des Täufers

24. Jun 2020

Liebe Lese­rinnen und Leser,

wer derzeit Gottes­dienste in Kirchen mitfeiert, bekommt seinen Platz vom Ordnungs­dienst zuge­wiesen. „Stamm­plätze“ gibt es nicht. Freie Platz­wahl aber auch nicht. Kennen wir das nicht aus unserem Leben ?

Früher hieß es: „Von der Wiege bis zur Bahre.“ Der Lebensweg war vorge­zeichnet. Man starb in dem Ort, in dem man auch das Licht der Welt erblickt hatte. Man erlernte den Beruf, den schon der Vater ausgeübt hat, über­nahm den elter­li­chen Betrieb, fügte sich Konven­tionen. In der Gesell­schaft gab es Klassen und Stände. Heute ist die Welt ein Dorf. Globa­li­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung schreiten unauf­haltsam voran. Es regiert der Markt der Möglich­keiten – unüber­sicht­lich und fluide. Viele fragen sich: Wo ist eigent­lich mein Platz in dieser Welt ? Ande­rer­seits gilt auch heute noch: Manche Plätze werden uns zuge­wiesen (Geburtsort, Familie, Sprache, auch Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit und sozialer Status). So stellen sich Fragen: Wie fülle ich den Platz aus, der mir zuge­wiesen wurde ? Gibt es in meinem Leben „feste Plätze“, die ich bis zum letzten Atemzug vertei­dige ? Schaue ich mir auch mal andere Plätze an ?

Heute feiert die Kirche die Geburts­fest des Hl. Johannes des Täufers. Er hat den Platz einge­nommen, der ihm zuge­wiesen war – konse­quent. Er ist authen­tisch. Auftrag und Verhalten stimmen bei ihm überein. Damit eckt er auch an. Er ist unan­ge­passt und unkonventionell.

Viel­leicht fragen die Menschen deshalb bewusst ihn: „Was sollen wir also tun ?“ Seine Antwort lautet: „Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso!“ (LK 3, 10f).

„Die Suche nach dem eigenen Platz hat immer mit der Frage nach dem Platz der anderen zu tun. Gerech­tig­keit kommt nicht von selbst, sie muss geschaffen werden; Frieden kommt nicht von selbst, er muss gebaut werden.“

(zitiert aus: Mönke­bü­scher, Bernd: Gott schaut zu uns auf. Weih­nachten – das Fest der Umkehr. Würz­burg, 2019. S. 21.)

Pace e bene

M. Kamm­radt

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